Bahnhof Groningen, Phase 2

Zusammenfassung

Bei dem Projekt handelt es sich um den vollständigen Umbau des Bahnhofsgebietes mit dem Ziel eine attraktive urbane Entwicklung unter Einbeziehung der südlichen Stadtteile voranzutreiben. Dies sieht vor allem den Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme Bahn, Bus und nicht zuletzt dem Fahrrad vor.

Das Projekt

Die frühere Nutzung des südlichen Geländeteils als Aufstellterrain für Züge wurde in dieser Größe nicht mehr benötigt und an anderer Stelle in Groningen entsprechend den aktuellen Bedürfnissen neu errichtet. Das damit freiwerdende Gelände wurde saniert und für die Umsiedelung und Vergrößerung des derzeitigen Busbahnhofs vorbereitet. Darüber hinaus kann somit ein neuer Zugang zum Bahnhof und die Anbindung des südlichen Stadtteils entstehen.

Bei dem Projekt zum Umbau des Bahnhofsgebietes in Groningen wurde eine wasserdichte Baugrube für ein Ingenieurbauwerk mit zwei Untergeschossen hergestellt. Hierfür sind dauerhafte Stahlbetonschlitzwände notwendig. Diese werden über einen Kopfbalken gehalten und mit Litzenanker verankert. Die besondere logistische Situation, aber auch die zukünftige Konstruktion stellten im Zuge der Ausführung besondere Herausforderungen dar. Hervorzuheben ist dabei die Ausführung von teilweise dauerhaften Multibond-Litzenanker ® mit bis zu 19 Litzen, die bei Handling und Herstellung besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

Leistungen im Detail

Herstellung und Lieferung von

  • 18 Stück 2-3fach gestaffelte Anker Typ BBV L12 bis BBV L15 Multibond temporär mit mittleren Längen von 37,00m und mittleren Verpressstrecken von 12,00 – 19,50m sowie
  • 35 Stück 3fach gestaffelte Permanentanker Typ BBV Multibond MONO II L15 bis L19 mit Längen von bis zu 46,50m und mittleren Verpressstrecken von 19,50 – 21,00m
  • Lasten zwischen 1.100 KN bis 2.300 KN mit 2-fach beziehungsweise 3-fach gestaffelten Multibondankern

Lieferung von 

  • 35 Stück elektrische Ankermessdosen mit Lastverteilungsplatten, Lastbereich bis 2500 KN
  • Auslesegerät

Breitstellung und Vermietung Sonderhebegerät zum Handling der auf Trommel gelieferten Litzenpermanentanker und Vermietung von BBV- Spanngeräten und Hydraulik-Aggregaten

Herausforderungen

Anpassung der Produktionsprozesse unter Berücksichtigung der Ankerdimensionen und der Gewährleistung der Qualitätssicherung des Korrosionsschutzes
Bei der erforderlichen Baugrube mit dauerhaften und verankerten Schlitzwänden waren aus baubetrieblicher Sicht einige Herausforderungen zu meistern. Die Baukonstruktion bestehend aus dauerhaften Schlitzwänden und einem im Zuge der Baugrubenherstellung ausgeführten massiven Kopfbalken, der wiederum das Auflager für die spätere Bahnsteigkonstruktion darstellt, machte die Ausführung von hochbelasteten Litzenanker erforderlich.

Für den Einbau der Daueranker von den Spindeln wurde ein spezielles Abrollgerät verwendet. Mit dem motorisch angetriebenen Gerät war es möglich  den Anker in einer selbstdefinierten Geschwindigkeit abzurollen und im Bohrloch einzubauen. Das Handling des Gerätes mit einem Gewicht von rund 5 Tonnen plus die Trommel mit dem Anker mit bis zu 2 Tonnen stellte aufgrund der beengten Platzverhältnisse eine Herausforderung dar.

Vermeidung von Streustromkorrosion
Eine weitere Vorgabe des Kunden war die Beschichtung der Ankerkopfkonstruktion gegen elektrische Leitfähigkeit und damit zur Vermeidung von Streustromkorrosion. Die Forderung resultierte aus dem dauerhaften Einsatz der Anker in Bereichen unterhalb der Gleise. Sowohl die Ausgleichsplatte, die zwischen dem Kopfbalken und der Kraftmessdose liegt, als auch die Ankerplatte selbst mit angeschlossenem Rohrstutzen und die Deckel für den dauerhaften Ankerkopf wurden für diesen Fall beschichtet. Unterhalb des Keilträgers kam eine Isolierplatte zum Einsatz, sodass die Litzen keinen direkten Kontakt zum zugänglichen Ankerkopf hatten. Mit auftraggeberseitig ausgeführten Widerstandsmessungen am Ankerkopf wurde nachgewiesen, dass die Erdung funktioniert.

Weitere Informationen

Ein Auftraggeberverbund bestehend aus der Gemeinde und Provinz Groningen, der niederländischen Bahn (Nederlandse Spoorwegen), ProRail realisieren gemeinsam mit der niederländischen Bauunternehmung Strukton die Neugestaltung des gesamten Bahnhofsgebietes.

Bei dem Projekt wurden vom Planer Strukton Verpressanker mit Verpresskörperlängen von bis zu 18 Metern in Phase 1 und von bis zu 21 Metern in Phase 2 vorgeschrieben. Die Aktivierbarkeit des Verpresskörpers ist bei einem herkömmlichen Anker auf eine Länge von bis zu 7 Meter wirtschaftlich sinnvoll. Die größte Kraftübertragung erfolgt in den ersten 2-3 Meter. Mit jedem weiteren Meter nimmt die Effektivität der Kraftübertragung ab. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass entweder die Ankeranzahl erhöht und damit der Ankerabstand verringert werden muss oder eine weitere Ankerlage notwendig wird. Eine dritte Möglichkeit ist es sogenannte Staffelanker zu verwenden.

Bei Staffelankern wird versucht den „nicht genutzten“ Verpresskörperteil durch weitere Litzen zu aktivieren. Im Prinzip werden zwei oder mehr Verpressanker mit nur einer Bohrung hergestellt. Die längeren Litzen werden dabei mit bis in den Verpresskörper reichenden PE-Umantelungen hergestellt, um auch im Verpresskörper die freie Ankerlänge gewährleisten zu können. Dadurch können die Kräfte in den tieferliegenden Verpresskörperbereich eingebracht werden. Die Schwierigkeit bei konventionellen Staffelankern liegt in dem Aufwand die Verpressanker zu prüfen und zu spannen. Die verschiedenen Längen der einzelnen Litzen bedingen auch unterschiedliche Elastizitätsmodule, wodurch ein herkömmliches Prüfen und Spannen aller Litzen eines Ankers gleichzeitig nicht möglich ist. Würde man versuchen einen Staffelanker in nur einem Durchgang zu spannen so würden die kürzeren Litzen durch ihre höhere Steifigkeit mehr Kräfte aufnehmen. Bei den langen Litzen würde nicht die notwendige Kraft erreicht werden. In der Schlussfolgerung müssen die Staffelanker nach Staffelung geprüft und gespannt werden.

Das Unternehmen BBV Systems verfügt über ein eigenes patentiertes Staffelankersystem. Bei dem sogenannten BBV-multibond® werden alle Litzen gleichzeitig in einem Durchgang geprüft und gespannt. Dadurch können Fehler im Spannvorgang vermieden werden.

Die Baugrubenplanung wurde durch den Auftraggeber aufgestellt. Auftraggeberseitig wurden für die Rückverankerung der umgebenden Schlitzwand Staffelanker vorgesehen. Aus der aufgestellten Ausführungsplanung wurde in Zusammenarbeit zwischen den ausführenden Unternehmen  eine Werkplanung unter Verwendung von BBV-Multibondankern® erstellt. Neben der Staffelung der Anker gab es als weitere Vorgabe die Steifigkeit der Anker zu beachten. Ungeachtet der Anpassung der Anzahl der Litzen für das Multibond-System bestand der Planer darauf, dass die Steifigkeit des Systems keine Abweichung von größer als zehn Prozent erfährt. Demnach erfolgte die Werkplanung in zwei Schritten:

Schritt 1: Umrechnung der Staffelanker in Multibondanker.

Schritt 2: Überlegungen zur  Steifigkeit des Systems.

Dabei durfte nur die Anzahl der Litzen angepasst werden. Eine Veränderung der Ankerlänge war aufgrund der Bodenschichten und der definierten Lage des Verpresskörpers nicht möglich. Die ursprünglich geplante Anzahl der Litzen wurden in diesem Fall von 15 auf 18 erhöht. Dabei kam die Notwendigkeit nicht aus der zu erwartenden Belastung, diese wären auch mit den 15 Litzen problemlos zu realisieren gewesen, sondern aus der Betrachtung der Steifigkeit. Durch die Mehrlitzen musste auch eine Anpassung der Festlegelast erfolgen. Jede Litze benötigte eine Mindestfestlegelast von 60 kN, damit die Keile ihre Funktion entfalten und ein Durchrutschen der Litzen vermieden werden konnte. Durch eine ergebnisoffene Kommunikation zwischen den Planungsbeteiligten konnten die Werkplanung zur Zufriedenheit aller abgeschlossen werden.

Die Herstellung der insgesamt 53 Verpressanker in der Phase 2 war mit Blick auf die logistischen Herausforderungen anspruchsvoll, denn  es waren 35 als permanente Multibondanker ausgebildet. Diese hatten hier bis zu 19 Litzen, eine Ankerlänge von  45 m mit einer maximalen Verpresskörperlänge von 21 m und waren 3-fach gestaffelt. Die  Prüfkraft betrug 2.316 kN. Als Daueranker waren die Litzen mit einem Ripprohr mit einem Durchmesser von 160 mm ummantelt. Aufgrund der großen Länge konnten die Anker im Ripprohr nicht vorverpresst werden, sondern mussten auf Spindeln geliefert werden. Das Verpressen des Ripprohrs erfolgte erst nach dem Einbau im Bohrloch, bevor die äußere Kappenverpressung vorgenommen wurde.